In seiner Eröffnungsrede unterstrich Bundespräsident Steinmeier die herausragende Bedeutung von Schriftstellern und Intellektuellen für einen kritischen, freien gesellschaftlichen Diskurs. Er zitierte Ralf Dahrendorf, der Intellektuelle einst als "Hofnarren der modernen Gesellschaft" bezeichnet hatte. Ein „guter Hofnarr“ ließe sich nicht von seinem "Schlossherrn" vereinnahmen, sondern sei in der Pflicht, jene Fragen zu stellen, die sonst niemand zu stellen wagt. Aber – das machte der Bundespräsident sehr deutlich – als Staatsoberhaupt werde er sich hüten, die Rolle des Intellektuellen „vom Katheder herab“ zu bestimmen. "Denn das ist es ja gerade, was unsere offenen Gesellschaften auszeichnet: Dass sie Literatur und Kunst nicht auf irgendwelche Ziele verpflichtet", so der Bundespräsident. Literatur und Kunst seien zu nichts verpflichtet, könnten aber politische Wirkung entfalten. Denn gerade die Erzählkunst trüge zur Selbsterkenntnis einer Gesellschaft bei.
Was macht also die Rolle etwa von Autoren aus und welchen Einfluss haben sie auf die öffentliche Debatte? Zunächst sei es wichtig, dass es einen solchen Diskurs überhaupt gebe, kommentierte Salman Rushdie und ergänzte mit Blick auf die Situation in den USA: "Im Weißen Haus wäre so eine Debatte wie hier momentan gar nicht möglich." Darüber hinaus sei es entscheidend, dass sich Politik und Bevölkerung in einem öffentlichen Raum, zum Beispiel über die Literatur, treffen und austauschen können, ergänzte Eva Menasse. Gleichzeitig kritisierte sie in diesem Zusammenhang die negativen Folgen für unsere Demokratie, die durch ein permanentes Grundrauschen aufgeregter Social-Media-Debatten und die Überforderung der Menschen durch den technologischen Wandel entstehen würden: "Wir werden von unseren eigenen Erfindungen gerade überholt", so Menasse. "Wir müssen lernen, mit der Zunahme an Verunsicherung und Desinformation umzugehen, die durch neue Medien auch beflügelt werden."
Dass diese Situation nicht neu sei, merkte Daniel Kehlmann an, der die sprunghaft ansteigende Verbreitung von Druckerzeugnissen im 17. Jahrhundert und die Ausbreitung digitaler Medien heutzutage für vergleichbar hielt. "Damals wie heute gab es plötzlich neue Medien", damals Druckschriften und Flugblätter, heute die unüberschaubare Anzahl an Posts und Tweets, "und die Menschen mussten sich erst daran gewöhnen, wie sie damit umgehen, wie sie Richtig von Falsch unterscheiden können." Dieser Umgang sei mit einem Lernprozess verbunden, den wir auch heute wieder durchliefen, so Kehlmann.
Ob Autoren überhaupt dazu aufgerufen seien, sich in Politik und Gesellschaft einzumischen, wurde am Ende der Veranstaltung intensiv diskutiert. Salman Rushdie sprach sich gegen explizit politische Romane und die Pflicht des Literaten, Kommentare zu unserer Zeit zu liefern, aus. Er verwies auf Franz Kafka, der mit seinen Schriften wie "Die Verwandlung" alles zu den damaligen Gesellschaftsverhältnissen gesagt habe, ohne Konkretes zu äußern. Eva Menasse unterstützte: "Schriftsteller sind kein Auskunftsbüro, sondern suchen sich einen eigenen Zugang zu Themen und lassen sich nicht in den Dienst von Vorstellungen oder Aufträgen stellen." Bundespräsident Steinmeier betonte die besondere Bedeutung von Autoren für Gesellschaft und Demokratie, ohne dabei einer besonderen Form oder Inhalt verpflichtet zu sein: "Literatur wirkt immer politisch, wenn gesellschaftliche Analysen in sie einfließen, wenn sie ein Portrait der Zeit zeichnet oder unsere gewohnte Sicht auf die Welt herausfordert."